Studierende im Fokus: Auf Augenhöhe mit guter wissenschaftlicher Praxis

von Anna-Katharina Rothwangl

Tagung der Ombudsstelle für Studierende, Universität Innsbruck und dem Kompetenzzentrum für Akademische Integrität der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

Am 10. und 11. Oktober 2023 fand in der Aula der Universität Innsbruck eine Tagung statt, die sich gänzlich der guten wissenschaftlichen Praxis (GWP) und der Auswirkungen von neuen Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz (KI) auf die GWP, gewidmet hat. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die Rolle von Studierenden gelegt und wie es gelingen kann sowohl deren Bedürfnissen in Zusammenhang mit diesen Fragestellungen Rechnung zu tragen, als auch das Bewusstsein für die Bedeutsamkeit der GWP zu steigern.

Zentrale Erkenntnisse der Tagung waren unter anderem:

  • Die Notwendigkeit nach transparenten und einheitlichen Regelungen, ohne Überregulierung und mit der Option auf dynamische Entwicklungen reagieren zu können.
  • Die Forderung, dass Gerechtigkeitsüberlegungen insbesondere beim Zugang zu neuen kostenpflichtigen technologischen Entwicklungen berücksichtigt werden sollten.
  • Das Bedürfnis nach kreativen Lösungen zur Leistungsbeurteilung und der Überprüfung des Kompetenzerwerbs von Studierenden im Zeitalter von KI-Tools.
  • Die Betonung, dass es wesentlich darauf ankommt während des Studiums eine wissenschaftliche Grundhaltung und einen wissenschaftlichen Denkzugang zu vermitteln, die darauf beruhen, ein Bewusstsein für die Bedeutsamkeit von GWP und der individuellen Verantwortlichkeit der Nutzer*innen von (technischen) Hilfsmitteln im Sinne einer Wissenschaftsethik zu entwickeln.
  • Das Bewusstsein von Lehrenden im Hinblick auf Verantwortlichkeiten bei von KI unterstützten und/oder generierten Inhalten zu schaffen.

Am ersten Tag der Veranstaltung lag der Fokus auf der guten wissenschaftlichen Praxis im Allgemeinen. Nach einer Begrüßung und Eröffnung durch Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Bernhard Fügenschuh (Universität Innsbruck), Gruppenleiter Mag. Heribert Wulz (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, BMBWF), Hochschulombudsfrau ao.Univ.-Prof.in Dr.in Edith Littich sowie Mag.a Martina Baravalle und Dr. Dr. Karl Gerhard Straßl, MAS wurden von der Ombudsstelle für Studierende (Mag.a Anna-Katharina Rothwangl und Mag. Dr. Markus Seethaler) sowohl Themengebiete präsentiert, zu denen besonders häufig Anliegen im Zusammenhang mit GWP an die Ombudsstelle gerichtet werden, als auch Good Practice Beispiele im Umgang mit diesen Themenfeldern aus hochschulischen Bildungseinrichtungen vorgestellt (eine umfassende Sammlung an Regelungen findet sich in der von der Ombudsstelle für Studierende erstellten Materialienbroschüre zur Veranstaltung).

PD Dr. Robert Rebitsch (Universität Innsbruck) hat daraufhin Regelungen, Verfahren und Gremien an der Universität Innsbruck im Zusammenhang mit GWP vorgestellt. Dabei hat er unter anderem darauf verwiesen, dass Konflikte im Kontext dieses Themas oft auch einen zwischenmenschlichen und emotionalen Aspekt aufweisen und es für Beteiligte wichtig ist ein Netzwerk aus Ombuds- und Vertrauenspersonen, sowie offiziellen Verfahren und klaren Sanktionsbestimmungen vorzufinden.

Mag.a Sophie Muskatelz (Zentrum für österreichisches und europäisches Hochschulrecht sowie Hochschulgovernance, Universität Graz) hat Ergebnisse aus einer rechtsvergleichenden Studie präsentiert, bei der unterschiedliche (vorrangig europäische) Rechtssysteme daraufhin untersucht wurden, welche Regelungen zur GWP (und dabei insbesondere Plagiaten) sich in den Gesetzesmaterien finden. Als Best Practice Beispiel ist sie auf die Regelungen des Trinity College Dublin bei wissenschaftlichem Fehlverhalten von Studierenden eingegangen.

In einem Themenblock zum Ablauf und Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten haben Dr.in Karin Giese (Wirtschaftsuniversität Wien), Dr.in Dipl.-Ing.in Verena Seiboth (Institute of Science and Technology Austria – ISTA sowie Vorstandsmitglied der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität – ÖAWI) und FH Rektor Prof.(FH) PD Dr. Mario Döller die Verfahren, Regelungen und Herausforderungen der unterschiedlichen Hochschulsektoren am Beispiel ihrer hochschulischen Bildungseinrichtungen und Erfahrungen herausgearbeitet.

Univ.-Prof.in Dr.in Iris Eisenberger, M.Sc (LSE) (Universität Wien) hat in ihrem Vortrag bereits die Brücke zwischen GWP und KI geschlagen und auf die rechtlichen Hintergründe bei der Nutzung von KI verwiesen. Ein wichtiger Aspekt dabei sei die Schärfung des Bewusstseins, dass viele KI-Tools in ihrer Struktur notwendigerweise mit Urheberrechten und Datenschutzrechten in Konflikt geraten, dass wir aber um eine Nutzung vor allem in der Lehre und Forschung, und damit auch Regulierung, dennoch nicht umhinkommen. Umso wichtiger sei daher ein Bewusstsein dafür, keine personenbezogenen Daten mit KI-Tools zu teilen.

In der den ersten Tag abschließenden Podiumsdiskussion haben Jun.Prof.in Dr.in Amrei Bahr (Universität Stuttgart), Univ.-Prof.in Dr.in Iris Eisenberger, M.Sc (LSE) (Universität Wien), Vizerektorin Mag.a Dr.in Irene Häntschel-Erhart (Universität Innsbruck) und Vincent Gogala (ÖH Universität Innsbruck) unter der Moderation von Dr. Dr. Karl Gerhard Straßl, MAS (Kompetenzzentrum für Akademische Integrität der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) die wichtigsten Themenblöcke des ersten Tages erneut aufgegriffen und unter Berücksichtigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit KI diskutiert. Umfassend wurde dabei unter anderem besprochen, dass es Experimentierräume an hochschulischen Bildungseinrichtungen im Umgang mit KI braucht, bei denen auch Fehler passieren können; eine problematische Abhängigkeit von großen Technologiekonzernen besteht; es einen Diskurs auf Augenhöhe zwischen Studierenden und Lehrenden zu KI braucht; die unterschiedlichen Zugänge von Studierenden, aufgrund kostenpflichtiger Lizenzen von KI System unter Gerechtigkeitsaspekten berücksichtigt werden sollen; und Regeln benötigt werden, auch wenn sich diese in kurzer Zeit bereits aufgrund neuer Entwicklungen wieder ändern müssen.

Der zweite Tag stand gänzlich im Fokus der künstlichen Intelligenz. Jun.Prof.in Dr.in Amrei Bahr (Universität Stuttgart) hat den Tag damit eröffnet, für eine verantwortungsvolle Nutzung von KI im Studienalltag zu werben und Vorschläge und Ideen für die Nutzung von KI in der Lehre vorgelegt. Dabei hat sie betont, dass sich im Umgang mit KI neben juristischen Rechtsfragen auch moralische Rechtsfragen stellen.

Mag. Michael Gruber (BMBWF) hat daraufhin einen Vorausblick auf den EU AI Act, sowie die österreichische Umsetzung dessen geliefert und die Frage nach dem Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsfreiheit und Regulierung aufgeworfen.

Mag.a Martina Baravalle und Dr. Dr. Karl Gerhard Straßl, MAS (Kompetenzzentrum für Akademische Integrität der mdw) konnten Ergebnisse aus einer repräsentativen Umfrage im deutschsprachigen Raum zur Nutzung von KI an hochschulischen Bildungseinrichtungen präsentieren. Im Rahmen der Studie wurden mehrere Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen befragt. Die Ergebnisse sollen im November in einer Publikation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

In einem Themenblock zum bereits gelebten Umgang mit KI an hochschulischen Bildungseinrichtungen hat Mag. Roland Steinacher (Universität Wien) die Guidelines der Universität Wien zum Umgang mit KI in der Lehre und Amanda Aizetmüller, BSSc, MA (Paracelsus Medizinische Privatuniversität – PMU) die gemeinsam mit Dr.rer.nat. Thomas Caspari erarbeiteten Empfehlungen zum Umgang mit ChatGPT in der Lehre und im Studium an der PMU vorgestellt.

Abschließend hat Univ.-Prof. Mag. Dr. Matthias Kettemann, LL.M.(Harvard) (Universität Innsbruck) Handlungsansätze für Regelungen an Hochschulen präsentiert und insbesondere darauf verwiesen, dass wir durchaus die rechtlichen Ressourcen haben, mit gegenwärtigen Herausforderungen in der Nutzung von KI umzugehen. Zudem hat er auf die positiven Aspekte von KI hingewiesen.

 

Titelbild: © OST

Über Anna-Katharina Rothwangl

Per 23. Mai 2023 wurde Frau Mag.a Anna-Katharina Rothwangl durch Herrn Bundesminister ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Martin Polaschek mit der Leitung der Ombudsstelle für Studierende im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung betraut.