Im Zuge einer Novelle der für den Hochschulbereich relevanten Gesetzesgrundlagen (dem sogenannten „Hochschulrechtspaket 2024“) kam es auch zu Neuerungen im Bereich der guten wissenschaftlichen Praxis.
Sektorenübergreifende Regelungen
Das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (HS-QSG) regelt die externe Qualitätssicherung an hochschulischen Bildungseinrichtungen in Österreich. Im Zuge des Hochschulrechtspakets 2024 wurde ein neuer Paragraph in das HS-QSG aufgenommen. In diesem Paragraphen sind Mindeststandards bezüglich der wissenschaftlichen Integrität ausformuliert, die an allen hochschulischen Bildungseinrichtungen einheitlich gelten.
Positive Definition
Der neu geschaffene § 2a Abs. 1 HS-QSG beginnt mit einer positiven Definition dessen, was Integrität im wissenschaftlichen Studien-, Lehr- und Forschungsbetrieb umfasst. Dies ist über die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis hinaus eine Kultur der wissenschaftlichen Redlichkeit und Qualität, die das Handeln aller beteiligten Personen bestimmt. Gute wissenschaftliche Praxis ist als die Einhaltung rechtlicher Regelungen, ethischer Normen und des aktuellen Erkenntnisstands des jeweiligen Faches im Rahmen der Aufgaben und Ziele der jeweiligen Bildungseinrichtung definiert (siehe § 2a Abs. 2 HS-QSG).
Wissenschaftliches Fehlverhalten
Jedenfalls als wissenschaftliches Fehlverhalten zu qualifizieren ist gemäß § 2a Abs. 3 HS-QSG, wenn jemand (1) die Forschungstätigkeit anderer Personen behindert oder sabotiert, (2) unerlaubte Hilfsmittel benützt, (3) sich bei der Verfassung einer schriftlichen Arbeit oder Ablegung einer Prüfung unerlaubterweise einer anderen Person bedient oder von einer dritten Person erstellte Auftragsarbeit in Anspruch nimmt (Ghostwriting), (4) Texte, Ideen oder künstlerische Werke gänzlich oder in Teilen übernimmt und als eigene ausgibt (Plagiat), (5) Daten oder Ergebnisse erfindet oder fälscht. Diese Liste ist keine abschließende Aufzählung, es kann somit auch wissenschaftliches Fehlverhalten geben, dass in dieser Liste nicht explizit genannt ist.
Weiterführende Regelungen
Alle hochschulischen Bildungseinrichtungen haben weiterführende Regelungen zur wissenschaftlichen Integrität und guten wissenschaftlichen Praxis in ihren Satzungen aufzunehmen.
Sanktionen
Für alle hochschulischen Bildungseinrichtungen gültige Sanktionen bei wissenschaftlichem Fehlverhalten sind weiterhin vorranging im Universitätsgesetz (UG) geregelt. Weitere Regelungen können in die Satzungen aufgenommen werden.[1]
Wer vorsätzlich unberechtigt einen akademischen Grad führt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen ist. Unberechtigt ist eine Führung insbesondere dann, wenn der akademische Grad oder die gleiche oder ähnliche Bezeichnung aufgrund eines Plagiats erlangt wurde.
Wer entgeltlich oder unentgeltlich ein Werk für eine andere Person herstellt oder einer anderen Person zur Verfügung stellt und weiß oder annehmen kann, dass dieses Werk in Folge teilweise oder zur Gänze als Seminar-, Prüfungs-, oder Abschlussarbeit verwendet werden soll, ist mit einer Geldstrafe bis zu 25.000 Euro zu bestrafen. Dies gilt auch bereits für das Anbieten eines solchen Werks. Handelt der*die Täter*in mit dem Vorsatz, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten laufende Einkünfte zu verschaffen, so ist sie*er mit einer Geldstrafe bis zu 60.000 Euro zu bestrafen (im Wiederholungsfall kann eine Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen ausgesprochen werden). Ghostwriting verjährt 30 Jahre nach Abschluss der strafbaren Handlung oder Ende des strafbaren Verhaltens.
Widerruf akademischer Grade
Der Widerruf akademischer Grade ist je nach Art der hochschulischen Bildungseinrichtung unterschiedlich geregelt (vgl. § 89 UG, § 67 Hochschulgesetz (HG), § 10 Abs. 4 Z 4 Fachhochschulgesetz (FHG), § 12 Abs. 1 Z 7 Privathochschulgesetz (PrivHG)). Generell ist ein akademischer Grad zu widerrufen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass er durch schwerwiegendes wissenschaftliches Fehlverhalten erschlichen wurde. Im UG und HG (Hochschulgesetz) wurde durch das Hochschulpaket die Neuerung eingeführt, dass die Aufhebung und Einziehung des Verleihungsbescheides aufgrund eines Plagiats in einer Bachelor-, Diplom- oder Masterarbeit nur im Zeitraum von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Beurteilung zulässig ist. Bei Dissertationen gilt eine solche Verjährung nicht. Als Begründung dafür wurde angeführt, dass die Abschlussarbeit bei Bachelor-, Diplom- und Masterstudien, im Gegensatz zu Doktoratsstudien, zwar einen wichtigen Teil, aber nicht den vorrangigen Teil des Studiums darstellt. Neu eingeführt wurde auch die Pflicht für Privatuniversitäten, bis spätestens 30. August 2025 Regelungen bezüglich Aberkennung oder Widerruf akademischer Grade in ihre Satzungen aufzunehmen.
[1] Gemäß § 6 Abs. 7 UG beziehen sich die §§ 88, 116 und 116a UG auf alle Bildungseinrichtungen gemäß § 51 Abs. 2 Z 1 UG.